Weihnachtsgrüsse aus Johannesburg

Kenia

Schon über einen Monat sind wir unterwegs. Mit warmer Dusche, sauberem Bett ohne Flöhe, köstlichem Essen und feinen Fruchtsäften werden wir zurzeit verwöhnt. Wo? In der gemütlichen Wohnung von Natalie und Flassi in Johannesburg. Wir geniessen die Bequemlichkeiten der modernen Welt und freuen uns aber auch über das, was wir in Kenia und Äthiopien sehen und erleben durften. Die Idylle wird nur durch das leicht erhöhte Fieber von Nicole und dem Durchfall von mir gestört. Aber keine Panik, bei einem Arztbesuch wurde Nicole beruhigt, dass sie keine Malaria hat. Beide bekamen wir Tabletten verschrieben und sollten Weihnachten wieder fit sein.

In Kenia besuchten wir Malindi Lohse auf der Diguna-Missionsstation in Tinderet. Gemeinsam haben wir die Gegend um Diguna herum erkundschaftet und den Kakamega Regenwald und den Viktoria See besichtigt. Schmetterlinge, Affen und Nilpferde haben uns dabei (den einen mehr, die anderen weniger) begeistert. Neben den Matatus (Minibusse) in die sich immer mindestens  zwanzig Menschen  reinquetschen, lernte uns Malindi auf unserer Entdeckungsreise auch das Picki (Ein Motoradtaxi) und das Tuck-Tuck  (ein überdachtes Dreiradtaxi) schätzen. Überhaupt haben wir durch Malindi viele Einblicke in die kenianische Lebensweise erhalten.

Nach einer Woche nahmen wir von Malindi Abschied und begaben uns auf die Weiterreise in das Teeanbaugebiet von Kericho und dann weiter in die Hauptstadt Nairobi. Kenia ist für die grosse Tiervielfalt bekannt und so organisierten wir von Nairobi aus eine Safari in den NP Amboseli. Leider mussten wir unseren Ausflug ohne viele Tiere gesehen zu haben vorzeitig abbrechen, da Nicole unterwegs Durchfall und Fieber bekam. Auf einer zweiten Missionsstation von Diguna in der Nähe von Nairobi durften wir uns dann bis zu unserem Abflug am 7.12. nach Addis Ababa erholen.

 

Äthiopien

Ein wenig verunsichert ob wir uns nach den Unannehmlichkeiten in Kenia mit Äthiopien nicht zu viel zumuten, kamen wir am 8.12. um ca. 5.40 Uhr in Addis Ababa an. Entgegen allen Befürchtungen wirkte Äthiopien hell, freundlich und friedlich. Die angenehme Atmosphäre liess auch bei Nicole so richtig Reisestimmung aufkommen.

In einem schönen Backpacker-Hostel trafen wir auf andere lustige Reisegenossen, die uns mit Kopien aus ihrem Reiseführer, mit Wasserentkeimungstabletten und vielen nützlichen Infos versorgten. Gut ausgerüstet traten wir am nächsten Morgen um 5.00 Uhr die 12-stündige Busfahrt nach Nordäthiopien an. Unsere erste Station war die alte kaiserliche Stadt Gondar. Der Palast von Kaiser Fasilides ist noch ziemlich gut erhalten. Äthiopien ist das afrikanische Land, das nie kolonialisiert wurde und irgendwie strahlen die Menschen dort eine ganz besondere Würde aus.

Zum Leidwesen von Nicole wollte ich als nächstes unbedingt eine mehrtägige Wanderung in den Simiens Mountains machen. Nebst mehreren Autopannen auf der Hinfahrt gehörten zu diesem Abenteuer unser Scout mit seiner Kalaschnikow, „unser“ Maultier, erste Anzeichen der Höhenkrankheit (ca. 3200m), Angst vor einem Überfall auf dem Zeltplatz… Eindrücke von dieser Tour erhaltet ihr über unsere Fotos, den Rest müssen wir euch dann mündlich erzählen :)

Der kulturelle Höhepunkt war Lalibela mit seinen 11 Felsenkirchen, das sogenannte achte Weltwunder. Innerhalb von 23 Jahren haben ca. 40 000 Arbeiter unter dem Auftrag von König Lalibela die Kirchen aus einzelnen Felsen herausgehauen. Der Norden von Äthiopien war eines der ersten christlichen Gebiete auf der Welt. Kirchengeschichtlich gesehen also ein sehr bedeutender Ort. Noch heute wird hier der äthiopisch-orthodoxe Glauben gelebt.

Während der Fahrt von Lalibela nach Bahi Dar mussten zwei Jugendlichen im Minibus erbrechen. Es ist sehr unangenehm, wenn jemand in einem mit Passagieren vollgestopften Fahrzeug seinen Magen entleert, doch die Wahrnehmung, dass sich in den Bäuchen der Jungs keine Nahrung befand, war schlimmer. Die Armut - ein ständiger Begleiter auf unserer Reise. Lahme ,blinde, verkrüppelte und hungrige Menschen begegneten uns vor allem in den grösseren Städten auf Schritt und Tritt. Als Weisser fällt man nicht nur durch die Hautfarbe auf, sondern vielleicht vielmehr durch die guten Schuhe und die stabile wettertaugliche Kleidung. Kein Wunder, dass ein Einheimischer, der barfuss, eingehüllt in einer schmutzigen zerrissenen Decke einen Touristen begegnet auf seine Füsse zeigt, seine Hand öffnet und bettelnd „money, money“ ruft. Herzzereissend ist es, wenn ein von Fliegen umschwärmtes Kleinkind durch seine Handbewegung nicht nach Geld, sondern nach Essen verlangt. Doch was soll man tun? Es sind nicht Einzelne, nicht Zehn oder Hundert. Es sind Tausende, Millionen! Anfänglich gibt man etwas, weil man helfen will, etwas später um sein Gewissen zu beruhigen und wenn noch ein wenig Zeit vergangen ist, fühlt man sich von der Armut wie von einer Fliege belästigt. Man versucht sie, von sich wegzujagen. Doch sie bleibt auf Schritt und Tritt. Wie soll man sich richtig verhalten? Wir haben keine Antwort gefunden….

Bahir Dar ist eine schöne, grüne Palmenstadt. Wir haben es uns im vorletzten Stock eines Hochhauses in einem angenehmen, grossen Zimmer gemütlich gemacht. Frisch geduscht, sauber gekleidet freuten wir uns auf den Abend in der Stadt. Vor dem Vergnügen mussten jedoch noch die Busstickets für die Weiterfahrt nach Addis gekauft werden. Auf dem schmutzigen Busbahnhof herrschte wie gewöhnlich viel Betrieb. Ein junger Mann aus der Menge bat uns seine Hilfe bei der Beschaffung der Tickets an. Wir nahmen sie an und das war der Fehler. Er wollte seine Hilfe bezahlt haben. Nach dem wir ihm das Geld verwehrten (alle wollen immer Geld haben), fing er an zu drohen. Er schwor, am nächsten Morgen vor unserem Hotel auf uns mit seinem Freund zu warten. Durch sein bösartiges Grinsen und seine Drohungen gelang es ihm, dass wir ihm etwas Geld gaben. Wir waren uns aber unsicher, ob es genug war. Sein Lachen beim Abschied verriet nämlich nichts Gutes. Am Abend im Hotel haben wir Gott unsere Angst anvertraut und um seine Bewahrung gebeten. Und Gott hat uns bewahrt! Am nächsten Morgen schaute ich während Nicole im Bett lag aus dem Fenster. Auf der Kreuzung vor dem Hotel standen zwei Typen. Einer von ihnen sah dem jungen Mann vom Bussbahnhof sehr ähnlich. Sie warteten, schauten umher, gingen aber nach wenigen Minuten weg. Etwas später machten wir uns auf dem Weg zum Bus. Am Abfahrtsort angekommen mussten wir mit Schrecken feststellen, dass unser Bus schon weg war. Was nun? Unser Flugticket für den nächsten Tag von Addis nach Johannesburg konnte man nicht umbuchen. Es gibt viele Busse von Bahir Dar nach Addis, aber die meistens sind sehr langsam. Sie brauchen zwei Tage bis sie in der Hauptstadt ankommen. Nur unsere und eine zweite Bussgesellschaft bewältigen die Fahrt an einem Tag. Die Abfahrt der anderen (etwas teureren) Busgesellschaft war in der Nähe von unserem Hotel. Wir sind zurückgerannt und kamen noch kurz vor der Abfahrt an. Ein Wunder - sie hatten auch noch Platz für uns. Wir dankten Gott, dass er uns durch den verpassten Bus vor den zwei Typen bewahrt hat, die wahrscheinlich unsere Abfahrtszeit besser wussten als wir. Ein Skeptiker mag jetzt denken, dass ich die zwei an der Strassenkreuzung vor unserem Hotel gar nicht richtig gesehen habe. Vielleicht war es jemand ganz anderes. Vielleicht! Doch hiermit hört die Geschichte nicht auf. Auf unseren Bustickets lasen wir, dass wir um 12.00 äthiopischer Zeiten (6.00 europäische Zeit) hätten abreisen sollen. Doch der Bus fuhr 5.30 Uhr los. Es war also nicht unser Fehler, dass wir beim Bus nicht rechtzeitig angekommen sind. In Addis angekommen, gingen wir in das Büro der Bussgesellschaft mit der wir zuerst fahren sollten und erklärten unser Problem. Und ein weiteres Wunder geschah - wir bekamen unser ganzes Geld zurück!

Nun sind wir in Johannesburg bei Natalie und Flassi und wünschen euch allen schöne und gesegnete Weihnachten!